Der
Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass bei unverhältnismäßig
hohen Mängelbeseitigungskosten der Schadensersatzanspruch des Käufers
eines Grundstücks gegen den Verkäufer auf den Ersatz des mangelbedingten
Minderwerts des Grundstücks beschränkt ist.
In
dem zugrunde liegenden Verfahren kaufte die Klägerin von den beiden
Beklagten ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis
von 260.000 €. Nach dessen Übergabe stellte die Klägerin fest, dass das
Gebäude mit echtem Hausschwamm befallen ist. Das Landgericht erließ ein
Grundurteil, wonach die Beklagten dem Grunde nach zum Schadensersatz
verpflichtet sind. Im anschließenden Betragsverfahren wurden die
Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 89.129,86 € sowie
von 45.000 € als Ausgleich des nach der Schwammsanierung verbleibenden
merkantilen Minderwerts verurteilt. Ferner wurde festgestellt, dass die
Beklagten verpflichtet sind, auch den weitergehenden durch den
Hausschwamm hervorgerufenen Schaden zu ersetzen. Die Urteile sind
rechtskräftig.
Nach
der Durchführung weiterer Sanierungsmaßnahmen verlangt die Klägerin von
den Beklagten nunmehr den Ersatz eines weitergehenden Teilschadens in
Höhe von 499.728,86 € sowie außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von
5.371,66 €. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Nach
Ansicht des Kammergerichts ist die Ersatzpflicht der Beklagten nicht
begrenzt. Bei der Prüfung, ob die Mängelbeseitigungskosten
unverhältnismäßig sind, sei nicht von dem Kaufpreis, sondern von dem
Verkehrswert des mangelfreien Grundstücks auszugehen. Dieser liege bei
(mindestens) 600.000 €, während die Zahlungen, zu denen die Beklagten
bislang verurteilt worden sind, sich auf insgesamt 639.230,38 € beliefen
und sie damit nur ca. 6% über dem Verkehrswert lägen.
Der
unter anderem für Verträge über Grundstücke zuständige V. Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des
Kammergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und
Entscheidung zurückverwiesen. Grundsätzlich kann der Käufer von dem
Verkäufer Ersatz der zur Beseitigung eines Mangels erforderlichen Kosten
verlangen. Sind die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten jedoch
unverhältnismäßig, ist zum Schutz des Verkäufers der
Schadensersatzanspruch auf den mangelbedingten Minderwert der Kaufsache
beschränkt. Die Annahme der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung
bzw. der dafür erforderlichen Kosten setzt eine umfassende Würdigung
aller Umstände des Einzelfalls voraus. Bei Grundstückskaufverträgen kann
als erster Anhaltspunkt davon ausgegangen werden, dass
Mängelbeseitigungskosten unverhältnismäßig sind, wenn sie entweder den
Verkehrswert des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200% des
mangelbedingten Minderwerts übersteigen.
Ausgehend
von den Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach der Zeitwert des
Gesamtobjekts im Zustand des Befalls mit echtem Hausschwamm 507.202 €
beträgt und jener ohne Hausschwammbefall bei (mindestens) 600.000 €
liegt, kommt eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten
ernsthaft in Betracht. Die bisherigen Feststellungen des
Berufungsgerichts sind allerdings nicht ausreichend. Für die weitere
Sachbehandlung hat der Senat außerdem darauf verwiesen, dass bei der
Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten auf
den Beginn der Mängelbeseitigung durch den Käufer abzustellen ist.
Stellt sich erst im Nachhinein heraus, dass die Kosten höher als
erwartet sind, steht dies einer Ersatzpflicht nur entgegen, wenn ein
wirtschaftlich denkender Käufer die Arbeiten auch unter Berücksichtigung
der bereits angefallenen Kosten nicht fortführen würde oder fortgeführt
hätte. Das Prognoserisiko trägt der Verkäufer. Das Berufungsurteil war
daher aufzuheben und die Sache – auch zur Behebung weiterer Rechtsfehler
bei der Feststellung der grundsätzlich erstattungsfähigen
Mängelbeseitigungskosten – zur erneuten Verhandlung an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 04.04.2014